Unsere Montessori Einrichtung soll eine Entwicklungsumgebung sein, die es Kindern ermöglicht genau jene Kompetenzen zu entwickeln, die sie für ihre Zukunft brauchen. Neben Wissen und Können steht die Entwicklung der Selbstkompetenz, der Sozialkompetenz sowie der Lernmethodenkompetenz im Fokus der Pädagogik. Kindliche Eigenaktivität sowie selbstständiges Lernen sollen in den jahrgangsübergreifenden Gruppen im Zentrum stehen. Hierbei stellt die von Maria Montessori entwickelte Pädagogik die Grundlage dar.
Maria Montessoris „Pädagogik vom Kinde aus“ ist nun bereits fast 100 Jahre alt und noch immer genauso aktuell wie zu Beginn des reformpädagogischen Zeitalters. Heute, ein halbes Jahrhundert nach dem Tod von Maria Montessori, bestätigt die Hirn- und Lernforschung die Grundgedanken ihrer Pädagogik wie keine andere reformpädagogische Bewegung. Ihre Erkenntnisse werden bei aktuellen Themen wie Inklusion, Kompetenzorientierung und Individualisierung genutzt, um Aspekte gelingender Betreuung aufzuweisen.
Die Philosophie der Montessori-Pädagogik ist, Kinder in ihrer Persönlichkeit zu respektieren, ihnen achtsam zu begegnen und sie auf ihrem Entwicklungsweg liebevoll und hilfsbereit zu begleiten. Unter diesen Gesichtspunkten ist es möglich, Kindern eine „Vorbereitete Umgebung“ zu schaffen, in der sie nach ihren ganz persönlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen tätig werden können – eine Tätigkeit, die Grundvoraussetzung für Entwicklung und Lernen ist. Die Montessori-Pädagogik ermöglicht dem Kind die volle Entfaltung seiner Persönlichkeit und ein seiner Entwicklung angepasstes Lernen.
Maria Montessori hat mit ihrer Pädagogik, welche kindliche Eigenaktivität und selbstständiges Lernen ins Zentrum stellt, eine einflussreiche internationale Bewegung ins Leben gerufen. In den letzten 100 Jahren entstanden auf allen Kontinenten vielzählige Einrichtungen für Kinder von 0-18 Jahren sowie Ausbildungsstätten für Lehrkräfte.
„Hilf mir, es selbst zu tun!“ wurde zum Leitmotiv Maria Montessoris Erziehungskonzeptes. Aus der genauen Beobachtung von Kindern zog die Ärztin und Pädagogin wichtige Schlüsse: Kinder können und wollen lernen, selbstständig und ohne Zwang. Voraussetzungen sind entwicklungsgemäße Materialien und die Freiheit, sie ihrem Entwicklungsstand entsprechend zu wählen. Die Pädagog*Innen sehen sich dabei als Beobachter*Innen und Begleiter*Innen. Maria Montessori hat eine Pädagogik entwickelt, die nicht nur der Wissensvermittlung dient, sondern das Kind in seiner Individualität akzeptiert und seinen eigenen Entfaltungskräften Raum gibt. Nach ihrer Pädagogik arbeiten Kinderhäuser und Schulen weltweit erfolgreich, indem jedes Kind begleitet und gefördert wird. So erfährt das Kind den schulischen Lernprozess ohne die sonst oft üblichen Misserfolgs- und Konkurrenzerlebnisse.
Unabhängigkeit und deren aktive Förderung durch Selbstständigkeit ist das Ziel aller Erziehungsbemühungen Montessoris. Sie fordert für das Kind Raum und Zeit, um sich frei zu entwickeln, denn nur aus dem Gefühl der eigenen Unabhängigkeit geht menschliche Würde und wahre Freiheit hervor. Um die Förderung dieser Kompetenzen zu ermöglichen ist es notwendig, die einzelnen Entwicklungsstufen zu beachten.
Entwicklungsstufen
Maria Montessori hat den Lebensrhythmus eines Kindes in vier aufeinander folgenden Phasen von jeweils sechs Jahren eingeteilt. Somit umfasst die erste Stufe die Lebensjahre 0-6 (Frühe Kindheit). Die zweite Stufe umfasst die Kindheit (6-12 Jahre) und die dritte Phase den Aufbau des erwachsenen, sozialen Menschen (12-18 Jahre). Die letzte Phase schließt die Adoleszenz im Alter von 18-24 Jahre ein.
Die erste Stufe der Entwicklung und Erziehung (0-6 Jahre)
Für Montessori ist die erste Kindheitsphase, im Alter von 0 bis 6 Jahren, das wichtigste Stadium des Lebens. Denn in dieser Zeit bilden sich bei den Kindern Persönlichkeit und individuelle Fähigkeiten heraus, die Entwicklung von Geist und Psyche findet statt und natürlich sind viele Eindrücke von außen vom Kind zu verarbeiten, die es noch nicht filtern kann und somit in sich aufnimmt. Diese Eigenschaften macht sich die Montessori-Pädagogik zunutze und setzt hier bereits einen Schwerpunk. Aus diesem Grund hat Maria Montessori für diese erste Phase auch besonders viele Materialien entwickelt.
Die zweite Stufe der Entwicklung und Erziehung (6-12 Jahre)
Die zweite Stufe der Entwicklung wird als stabile Phase des ruhigen und gleichmäßigen Wachstums bezeichnet. Sie wird nicht als Fortsetzung der ersten Phase, sondern als etwas Neues, eine Art Widergeburt, gesehen. Kinder gelten in dieser Lebensphase als besonders wissbegierig. Zusammenhänge werden von ihnen verstanden und die Welt der Abstraktion wird erfasst. In dieser Phase ist es von großer Bedeutung, dem Kind viel anzubieten, um eine Vision des ganzen Universums und somit Antworten auf alle bestehenden Fragen zu erlangen (kosmische Erziehung). Neben der enormen Wissbegierde steht auch die Distanzierung zu ihren Familien im Fokus dieses Entwicklungsabschnitts. Kinder entwickeln ihr eigenes Urteil und das ihrer Familie wird nicht mehr zwingend als das „einzig Wahre“ betrachtet. Ihr moralisches Bewusstsein sowie ihr Gerechtigkeitssinn wachsen. Zudem steigt das Interesse an anderen Kindern – somit gewinnt die Organisation an großer Bedeutung. Gruppen werden erkannt, gebildet und als soziales Medium genutzt.
Ziel dieser Phase ist es, Kinder dabei zu unterstützen die Welt zu erobern und zu lernen, auch selbst einen Anteil der Verantwortung gegenüber der Welt zu übernehmen. Die kosmische Ordnung, das Wissen, dass alles in der Welt zusammenhängt und aufeinander angewiesen ist, bildet einen Schwerpunkt in der Schule. Den Menschen und somit sich Selbst als Teil des Kosmos zu sehen, der die Aufgabe hat den Kosmos zu erhalten und weiterzuentwickeln, erfordert vor allem den Schritt in das wirkliche Leben einzusteigen: raus aus dem Klassenzimmer – rein ins Leben. In der zweiten Entwicklungsstufe entwickelt das Kind vor allem seinen Intellekt und sein Abstraktionsvermögen, Verantwortungsbewusstsein und Gerechtigkeitssinn. Die Montessori Schule Hanau kommt diesen Schwerpunkten der Entwicklungsstufe nach, indem sie geeignetes Lernmaterial und Aktivitäten anbietet, die den forschenden Geist der Kinder anregt. Durch den hantierenden Umgang mit Material wird das Kind zum abstrakten Denken geführt. Die soziale und moralische Entwicklung der Kinder ist durch gruppendynamische Prozesse innerhalb und außerhalb der Lerngruppe gegeben.
Selbsttätigkeit und Begriff der Arbeit
Alle gelernten Funktionen werden durch Aktivität entwickelt. So lernt man eine Sprache nur durch eigenes Sprechen, Laufen durch eigenes Laufen und Schwimmen durch eigenes Schwimmen – Selbsttätigkeit ist daher die Grundvoraussetzung für die physische und psychische Entwicklung, für Unabhängigkeit und Selbstständigkeit eines jeden Menschen. Eigenaktivität des Kindes wird demnach in der Montessori-Pädagogik großgeschrieben. Nach Maria Montessori entwickelt sich der Geist weder durch angeborene genetische Steuerung noch durch eingefüllte Instruktionen wie bei einem Computer. Der Geist muss vom Kind selbst gebaut und durch eigene Aktivität der Hände, der Sinne, des ganzen Körpers aber auch durch Aktivität des Geistes ausgebaut werden. „Hilf mir, es selbst zu tun“ lautet daher die Anforderung an Erzieher*innen.
Um diese Entwicklung zu ermöglichen sind physische Aktivitäten, Interaktionen mit anschaulichem Material sowie die Sinnhaftigkeit des Tuns notwendig. Diesen Umgang mit sich und der Umwelt wird mit dem Begriff der Arbeit bezeichnet. Als praktische Konsequenz aus diesen Grundgedanken entsteht die Freiarbeit. Kinder bestimmen selbst, was und wo sie arbeiten wollen, mit wem und wie lange. Sie üben hierbei das richtige Einschätzen der eigenen Fähigkeiten, Ausdauer und Selbstdisziplin, das Zielesetzen, Entscheidungskraft und Kooperationsfähigkeit. Sie übernehmen Verantwortung für das eigene Lernen. Die Kinder werden hierbei dabei unterstützt und begleitet. Sie erhalten den Freiraum, mit dem sie umgehen können. Freiraum ist daher nicht als unbegrenzt zu sehen, sondern eine Freiheit innerhalb klarer Rahmenbedingungen, die das soziale Zusammenleben erst ermöglichen. Freiheit im Sinne von selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln ist daher das Prinzip. Selbstdisziplin zu entwickeln und Verantwortung für die eigenen Handlungen genauso zu übernehmen wie die eigenen Bedürfnisse und die Bedürfnisse anderer zu erkennen und zu achten, sind Ziele der Pädagogik.
Die vorbereitete Umgebung
„Das Erziehungswerk verteilt sich auf Lehrerin und Umgebung. Die früher ‚Lehrende‘ wird durch ein sehr viel komplexeres Ganzes ersetzt, d.h. gleichzeitig mit der Lehrerin wirken zahlreiche Gegenstände (das Entwicklungsmaterial) bei der Erziehung des Kindes mit.“ (Maria Montessori: Die Entdeckung des Kindes, Freiburg, 1989 9, S.166) Die Umgebung für das Kind entsprechend vorzubereiten, d.h. den Klassenraum, den Flur als auch die weitere Schulumgebung, ist eine der Hauptaufgaben der Lehrkraft. Diese vom Pädagogen bewusst gestaltete Umgebung ist Lern-, Lebens- und Entwicklungsraum, der den Bedürfnissen der Kinder angepasst ist. Sie ist der äußere Rahmen für die Freiarbeit und soll dem Kind, nach seinen eigenen Möglichkeiten, gestatten, selbstständig und weitgehend unabhängig vom Erwachsenen zu lernen.
Damit das Kind sich allein in der vorbereiteten Umgebung zurechtfinden und möglichst selbstständig arbeiten kann, muss die vorbereitete Umgebung eine bestimmte Ordnung aufweisen. Diese äußere Ordnung der Arbeitsmaterialien gibt eine Orientierungshilfe, die auch dem Geist hilft Ordnung zu finden. Die Materialien befinden sich deswegen nach Lernbereichen geordnet in frei zugänglichen Regalen. Alle Materialien sind in dem jeweiligen Lernbereich an sich geordnet und nach einer gewissen Struktur untergebracht, da die Materialien häufig aufeinander aufbauen. Durch den notwendigen sorgfältigen Umgang mit den Materialien leistet die Freiarbeit einen Beitrag zum achtsamen Umgang mit den Dingen. Sie lehrt die Kinder Ordnungsstrukturen einzuhalten und als Lebenshilfe zu begreifen.
Polarisation der Aufmerksamkeit
Unter der Polarisation der Aufmerksamkeit wird in der Montessori-Pädagogik der Zustand tiefer Konzentration bezeichnet. Zur Herstellung dieser ist es notwendig, Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass das Kind sich in den Lerngegenstand auf seine Weise vertiefen kann. Geht ein Kind dann vollständig in seinem Handeln auf, hat dies positive Auswirkungen auf die gesamte Entwicklung seiner Persönlichkeit. Es wird zufrieden und ausgeglichen, fühlt sich wohl in der Gruppe und eignet sich mit Freude neues Wissen an. Befindet sich ein Kind in dieser intensiven Konzentrationsphase, gilt es dieses nicht darin zu unterbrechen und es vor Störungen zu schützen, so dass der Selbstaufbau ungestört von statten gehen kann.
Die Polarisation der Aufmerksamkeit, auch das Montessori-Phänomen genannt, stellt nach Maria Montessoris Auffassung den bedeutendsten Faktor im Aufbau des Kindes dar. Die Konzentrationsfähigkeit gilt als Voraussetzung für Lernprozesse. Das Phänomen verläuft zunächst unbewusst und hat seinen Ursprung im Inneren des Menschen. Damit sich die kindliche Aufmerksamkeit sammeln kann, muss die innere Aktivität des Kindes eine äußere Anregung finden, die diese innere Regsamkeit fördert. Daher ist die vorbereitete Umgebung im Gruppenraum, in dem sich das Kind frei mit ansprechenden Gegenständen beschäftigen kann, von zentraler Bedeutung.
Das Material
Das Montessori-Material ist integraler Bestandteil der „Vorbereiteten Umgebung“. Es umfasst die Bereiche „Übungen des praktischen Lebens“, „Sinnesbildung“, „Mathematik“, „Sprache“ und „kosmische Erziehung“. Das Material ist so konzipiert, dass die Kinder sich nach einer Einführung durch die Pädagog*innen selbstständig damit befassen und somit Wissen und Fertigkeiten erarbeiten können. Das Material bewirkt durch seine innere Ordnung und Isolierung der Schwierigkeiten ein Ordnen des Geistes und ein Erkennen von Zusammenhängen. Es ermöglicht die Polarisation der Aufmerksamkeit.